Die Ergebnisfalle

Beim Process Painting wird der Fokus, wie schon der Name sagt, auf den Prozess gerichtet. Wie radikal anders es sich malt, wenn der Akt des Kreierens selbst im Mittelpunkt steht und nicht das Ergebnis, das Endprodukt, das möchte ich hier ein wenig beleuchten.

Als kleine Kinder versinken wir selbstvergessen im Kosmos unserer eigenen Malspuren und die Meinung anderer dazu kümmert uns wenig. Doch spätestens mit Schulbeginn werden auch unsere Bilder kommentiert, beurteilt und verglichen. Eine Verschiebung unserer Aufmerksamkeit vom Malprozess auf das Endprodukt findet statt.

Und was passiert nun, wenn wir denken: Mein Bild ist nicht gut genug?

Dieses Urteil führt allzu oft zu dem Trugschluss, ich bin nicht gut genug. Und schon, ob wir es merken oder nicht, sind wir Getriebene, auf der Suche nach Anerkennung und Wertschätzung. Statt uns dem Malprozess anzuvertrauen, versuchen wir angestrengt das Bild zu kontrollieren, damit es unseren ästhetischen Ansprüchen genügt und herzeigbar wird. Als Folge verlieren wir bald die Lust am Malen, fühlen uns müde oder blockiert. Wir denken, wir sind nicht talentiert genug oder müssten erst noch den einen oder anderen Kurs besuchen, um technisch besser zu werden.

Process Painting macht uns bewusst, welchen Konzepten von „schön und hässlich“, Erfolg und Misserfolg wir anhängen und wie sehr uns diese einengen und unter Druck setzen können, sobald unser Fokus beim Malen auf einem ganz bestimmten Ergebnis liegt.

Selbstoptimierung ist nicht der Weg raus aus der Ergebnisfalle, soviel steht fest.

Sobald wir aber unsere Aufmerksamkeit auf den Malprozess selbst richten und das Bild sich aus dem gegenwärtigen Moment entwickeln lassen, betreten wir Neuland und können Schritt für Schritt alte Begrenzungen und Konditionierungen hinter uns lassen. Unser einzigartiger Ausdruck darf erblühen.

Hier bist du genug, genauso wie du bist, zu jedem Zeitpunkt.

Der Fokus auf den Prozess ist eine Einladung in die Tiefe unseres eigenen Wesens zu tauchen und die Schätze zu heben, die dort auf uns warten. Das Malen wird so zu einem Übungsweg, einer Art meditativer Selbsterforschung mit dem Pinsel in der Hand, der das Potenzial hat, unser Leben zu transformieren.

Damit das möglich ist, braucht es spezielle Rahmenbedingungen – einen sicheren Raum ohne Wettbewerb, Vergleich und Bewertung. Auf diese Weise gemeinsam zu malen und diese Erfahrung miteinander zu teilen ist ermutigend und bestärkend.

Process Painting wird dann ein echtes Abenteuer, eine Reise in tiefere Dimensionen unseres Selbst. Das Bild hat dabei die Funktion eines Spiegels, ist die sichtbare Oberfläche dessen, was durch den Malprozess in unserem Inneren geschieht von Moment zu Moment zu Moment …

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Vom Umgang mit den Bildern

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Process Painting - Lass deine Kreativität erblühen